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Gesellschaft für photographische Edeldruckverfahren e.V.

 

Druckverfahren

Bromöldruck

von Wolfgang Maus, Neunkirchen-Seelscheid


Der Bromöldruck bzw. Bromölumdruck zählt in der künstlerischen Photographie zu den klassischen Edeldruckverfahren. Er schließt zusammen mit dem Öldruck gleichsam die Phase der kreativen Kunstphotographie ab, in der sich insbesondere Amateurphotographen der Zeit die künstlerischen Möglichkeiten photographischer Prozesse zu nutze machten. Zeitweise verdrängte der Bromöldruck sogar die anderen Edeldruckverfahren (vgl. Heidtmann, Kunstphotographische Edeldruckverfahren heute, S. 132).

Die Arbeiten wirken sehr elegant, mit einer graphisch anmutenden Ausstrahlung. Der Begriff "Edel" wird hier zurecht gebraucht. Da die Arbeiten einzeln mit Pinsel oder Schaumstoffrolle ausgearbeitet werden, handelt es sich trotz der irreführenden Bezeichnung "Druck" um kostbare Originale, welche dann - in einem weiteren Prozess - ähnlich wie Radierplatten, zur Herstellung von Umdrucken benutzt werden könnten.

Ausgangspunkt ist eine Vergrößerung auf schwach gehärtetem und damit quellfähigem Bromsilberpapier. Im Anschluß an die Fixierung und Wässerung gelangt der Print in ein Chromatbleichbad, wobei das Silberbild ausgebleicht wird. Dieser chemische Vorgang bewirkt eine teilweise Härtung der Gelatineschicht des Papieres, und zwar proportional zum vorhandenen Silberbild.

Die Gelatine quillt schließlich in warmem Wasser unterschiedlich stark auf, so daß ein Relief entsteht, auf dem die später aufgetragene steife Druckfarbe an den Stellen haftet, die nicht oder kaum gequollen sind, während die stark gequollenen, also mit hohem Wassergehalt versehenen Bereiche der Schicht keine Farbe annehmen. So entsteht ein Bild mit hoher Ausdruckskraft.


Vergrößerung auf Bromsilberpapier


Wie ausgeführt, bedarf es zunächst eines Fotopapiers, dessen Emulsion nur schwach gehärtet ist. Das Papier sollte etwa eine halbe bis eine ganze Blende reichlicher belichtet werden als ein entsprechendes gut durchgezeichneter Bromsilberprint. Die "Überbelichtung" hängt jeweils vom Papiertyp ab. Eigene Versuche sind unumgänglich. Es ist ein unbelichteter Rand von ca. 3 cm vorzusehen. Das belichtete Papier wird herkömmlich entwickelt, wobei bei dem zu verwendenden Entwickler darauf zu achten ist, daß dieser keine härtenden Substanzen enthält. Geeignet sind Rodinal, Neutol NE, Eukobrom, Amidol, LP Brom oder Dokumol. Andere Entwickler müßten auf Tauglichkeit getestet werden. Das Bild wird ausentwickelt und gründlich gewässert (mind. 1 min). Um jegliche "Fremdeinwirkungen" zu vermeiden, benutzt der Verfasser zur Wässerung ausschließlich Leitungswasser ohne jegliche sauren Zusätze, wie sie in Stoppbädern enthalten sind. Zu bemerken ist, daß selbst die regional unterschiedliche Wasserqualität (Härte, eingelagerte Metalle oder Ausschwemmungen aus dem Leitungsnetz) Auswirkungen auf die weitere Verarbeitung des Prints haben kann. Überhaupt ist während des gesamten Verarbeitungsprozesses peinlich darauf zu achten, daß die verwendeten Schalen, Zangen usw. frei von chemischen Verunreinigungen sind. Zum Fixieren eignet sich nur nichthärtende Fixierbadsubstanzen. Gute Erfahrungen wurden mit Turafix (Agfa), Hypam (Ilford) oder Expressfixiersalz (Tetenal) gemacht. Bei Schnellfixierbädern besteht die Gefahr, daß diese härtende Substanzen enthalten. Es ist weiter darauf zu achten, daß das Fixierbad frisch angesetzt ist. Die übliche Fixierzeit bei ständiger Bewegung ist einzuhalten. Anschließend ist das Bild gründlich zu wässern (häufiger Wasserwechsel). Die Wassertemperatur sollte 15°C nicht unterschreiten, weil kältere Temperaturen das Auswaschen des Fixierers aus dem Papierfilz verhindern. Danach, wenn die weitere Verarbeitung nicht fortgesetzt werden soll, wird das Papier an der Luft getrocknet.


Bleichprozeß


Das nasse Bromsilberpapier ( nach dem Fixieren bereits getrocknete Papiere sind zuvor in Wasser einzuweichen, um ein gleichzeitiges und gleichmäßiges Einwirken der Bleichsubstanzen zu gewährleisten) wird zügig in ein Bleichbad gegeben und darin ständig bewegt. Dabei verschwindet das für den späteren Druck störende Silberbild, gleichzeitig findet eine partielle Härtung der Gelatineschicht des Papieres statt. Insbesondere härten die Stellen des Papieres, die viel Bildsilber enthalten, welches den Schwärzungen des Abzugs entspricht; d. h. die Menge des vorhandenen Bildsilbers be-stimmt den Grad der Härtung, so daß ein Relief entsteht. Für die Bleichlösung ist eine Fülle von Rezepturen entwickelt worden. Mebes (S. 47) erwähnt allein 44 verschiedene Bleichbäder. In den Bleichbädern enthaltenes Bichromat (bzw. Chromsäure) wandelt mit Hilfe der katalytischen Wirkung von Kupfer nicht nur das metallische Silber in ein Silberhalogenid um, sondern erzeugt entsprechend der Bildsilbermenge Chromoxyd und später chromsaures Chromoxyd, welches sich mit der Gelatine verbindet und diese (wiederum entsprechend der Silbermenge) härtet. Gegenüber Kaliumdichromat hat Verwendung von Chromsäure in der Bleichlösung den Vorteil, daß letztere in geringerer Menge zugegeben werden muß. Die Arbeitslösungen können mehrfach verwendet werden; im Laufe der Zeit wird sich der Bleichprozeß allerdings deutlich verlangsamen, so daß für weitere Prints eine frische Lösung anzusetzen ist. Das Bleichen wird bei Tageslicht durchgeführt, die Temperatur sollte der üblichen Arbeitstemperatur im Labor entsprechen (ca. 20° C). Das Bild verbleibt solange in der Lösung, bis kein weiteres Ausblei-chen des gelblich-braunen Restbildes mehr festgestellt werden kann, was nach 4-8 min der Fall ist. Ein längeres Verweilen des Prints im Bleichbad ist zu vermeiden, weil ein längerer Gerbungsprozess das Quellverhalten beeinträchtigen könnte, wobei aber nicht geklärt ist, ob dies ausschließlich seinen Grund in der Verweildauer des Prints in der Bleichlösung hat, oder andere Reaktionen aufgrund möglicher Verunreinigungen aus vorhergehenden Prozessen einschließlich der Wasserqualität (z. B. Anteil an gelöstem Eisen) eine Rolle spielen. Da die noch feuchte Gelatineschicht nach den Gerbungsprozeß extrem empfindlich gegen mechanische Einflüsse geworden ist, sollte die Oberfläche nicht berührt werden. An dieser Stelle muß deutlich gesagt werden, daß die chemischen Substanzen bei nicht ordnungsgemäßem Verwendung zu Gesundheitsschäden führen können. Chromatlösungen sind sehr giftig (krebserregend), gelangt etwas davon in offene Wunden, wird der Heilungsprozeß extrem behindert. Jeder Hautkontakt sollte strikt vermieden werden. Der Gebrauch von Laborzangen und das Tragen von Gummihandschuhen ist dringend anzuraten. Nach dem Bleichen ist das Bild gründlich zu wässern, bis die aus den Chromaten herrührenden gelblichen Verfärbungen im Papierfilz restlos herausgespült sind. Da trotz des Ausbleichens im Laufe der Zeit wieder Bildspuren sichtbar würden, ist das Papier nochmals in ein Fixierbad (s.o.) zu geben, wobei die bereits für die Prints gebrauchte Lösung verwendet werden kann. Das Bild wird nunmehr bis auf ein graues Restbild reduziert. Etwa noch sichtbare dunkle Stellen in den Schattenbereichen stören die weitere Verarbeitung allerdings nicht. Danach muß nochmals gründlich gewässert werden.


Zwischentrocknung


Es wird empfohlen, die Papiere nach Abschluß des Bleichvorganges und der anschließenden Wässerung und Fixierung zunächst einer vollständigen Trocknung (z.B. über Nacht) zu unterziehen und erst danach die nächsten Arbeitsschritte vorzunehmen. In der Literatur wird der Zwischentrocknung große Bedeutung für die erforderliche Härtung des Chromatgelatinebildes beigemessen. Mebes (S. 26) geht davon aus, daß die chemischen Prozesse mit dem Bleichen, Wässern und fixieren des Bromsilberdruckes noch nicht beendet sind und die Härtung des Chromatgelatinebildes ausschließlich durch das gebildete Chromoxyd erfolge, welches aber seine volle härtende Kraft nicht sofort entfalten könne.


Quellen der Gelatine


Um das für das anschließende Einfärben erforderliche Relief zu erreichen, muß das Bild, welches jetzt auch Matrix genannt wird, in warmes Wasser verbracht werden, wodurch die Gelatineschicht entsprechend quillt. Die Höhe der Quelltemperatur ist abhängig von dem verwendeten Bromsilberpapier sowie von dessen Alter und Lagerung und kann zwischen 30 °C und über 60°C variieren. Zu beachten ist, daß ein aufgrund zu warmen Wassers zu stark gequollenes Papier auch bei einem späteren Quellvorgang auch bei verminderter Wassertemperatur wieder auf das ursprüngliche angenommene Relief aufquillt. Es ist darauf zu achten, daß das Papier während der gesamten Quelldauer vollständig im Wasser liegt und sich unterhalb auch keine Luftblasen befinden. Gegebenenfalls kann das Papier durch aufgelegte kleinere Pappstreifen heruntergedrückt werden. Spätestens nach 15 min ist der Quellvorgang abgeschlossen, wobei es keine Rolle spielt, daß die Wassertemperatur nach und nach absinkt.


Einfärben mit Druckfarbe


Das Bild wird aus dem Wasser genommen und vorsichtig trocken getupft. Dies kann zunächst mittels zweier Blatt Fließpapier, zwischen denen die Matrix, wie das für den Einfärbeprozeß vorbereitete Papier auch genannt wird, gelegt wird, und anschließend mittels eines Fensterleders geschehen, mit dem man das auf eine Glasplatte oder ähnlich glatte Oberfläche verbrachte Papier sorgfältig abtrocknet. Dabei ist sicherzustellen, daß keine feuchte Oberfläche mehr auf dem Papier sichtbar ist, wovon man sich auch durch Schräghalten des Papiers überzeugt. Bleiben nämlich feuchte "Nester" auf dem Papier zurück, kann es zu unregelmäßiger Reliefbildung kommen, so daß die Druckfarbe an diesen Stellen nicht vollständig haftet. Der Farbauftrag kann sowohl mit einem speziellen Pinsel, sog. Rehfußpinsel, als auch mit einer Schaumstoffrolle erfolgen. Schaumstoffrollen unterschiedlicher Breite sind mit Halter in jedem Baumarkt zu bekommen. Manche Bromöldrucker verwenden auch Hartgummirollen. Der Farbauftrag mit dem Rehfußpinsel, der seinen Namen von der Form eines Rehfußes hat, erfordert eine besondere "Hüpftechnik", bei der der Pinsel nur jeweils kurz die Papieroberfläche berührt, wobei die Farbe lang-sam von den Lichtern in die Schatten verteilt wird. Die Technik ist für den Anfänger nicht nur zunächst ungewohnt, sondern insbesondere bei großformatigen Arbeiten ausgesprochen mühsam und zeitaufwendig, erfreut sich aber insbesondere unter den Mitgliedern des British Bromoil Circle in Großbritan-nien großer Beliebtheit. Zunächst wird die Druckfarbe auf dem feuchten Abzug gleichmäßig aufgetra-gen und sodann mit einer weiteren Schaumstoffrolle durch schnelles Überrollen teilweise wieder ab-gehoben, und zwar an den Stellen, die stark aufgequollen sind und später als helle bis weiße (Lich-ter) partien sichtbar bleiben. Der Vorgang wird mehrfach wiederholt, bis das Bild als fertiggestellt be-zeichnet werden kann.


Anforderungen an die Druckfarbe


Große Bedeutung kommt der Auswahl der Farbe zu, da nicht jede Druckfarbe für den Bromöldruck geeignet ist. Es muß sich um fetthaltige Farbe von steifer, strenger Konsistenz handeln, weil weiche Farben schon beim ersten Auftrag auf das Papier die Lichter zuschmieren. Deshalb scheidet Kupferdruckfarbe aus. Will man Offsetfarbe verwenden, muß diese möglicherweise durch geringe Zugabe Pigmenten, Wachs oder Kolophonium strenger eingestellt werden (Nadeau, S. 15). Sehr gut geeignet ist Buchdrucker- Umdruck- oder Federfarbe, die von Lithographen verwendet wird. Da für ein Bild von 30x40 cm nur etwa eine etwa erbsengroße Menge benötigt wird, sollte sich der nur gelegentliche Bromöldrucker kleinere Mengen direkt von einem Lithographen oder Buchdrucker besorgen. Denn die Farbe, welche nur in 1/2 bis 1 Kg-Gebinden angeboten wird, trocknet auch in verschlossenen Dosen rasch aus. Abhilfe kann nur etwas Wasser schaffen, welches nach Gebrauch in die Farbdose gegeben wird, vor dem nächsten Gebrauch aber wieder abgeschüttet werden muß. Die jeweils für den Druck erforderliche Steifheit der Farbe ist abhängig vom Umfang des Quellreliefs. Je höher ein Papier aufquillt, desto weicher muß die Farbe eingestellt werden. Dies kann durch Zuga-be weicherer Druckfarbe oder geringer Mengen von Leinöl geschehen. Wichtig ist, zunächst mit härterer Farbe zu beginnen. Nimmt die Oberfläche die harte Farbe nur sehr gering an, kann mit weicherer Farbe nachgearbeitet werden. Je nach Geschmack können auch verschiedene Farbtöne aufgebracht werden.


Fertigstellung des Prints


Nachdem der Farbauftrag abgeschlossen ist, muß der Bildrand von der Druckfarbe gesäubert werden. Dies kann mit einer festen Gummiwalze geschehen, die entlang des Bildrandes mit Druck über das Papier geführt wird. Man kann aber auch einen sehr feuchten Lederlappen verwenden, mit dem man vorsichtig die Farbe vom Rand entfernt, ohne die Bildschicht zu beschädigen. Schließlich wird das Bild staubfrei zum Trocknen an der Luft ausgelegt. Je nach Dicke und Konsistenz der aufgetragenen Farbe braucht es noch mehrere Tage, bis das Bild wischfest ist. Um völlige Planstabilität des Bromöldruckes zu erreichen, kann das Bild bis zum Austrocknen auf einem kaschierten Schaumstoffkarton (z.B. Kapa-Plast) am äußeren Bildrand mit Stickern befestigt werden. Eine andere Methode besteht darin, den Druck nach dem völligen Austrocknen der Farbe nochmals ins Wasser zu legen und dann noch feucht mit Naßklebeband auf eine Glasscheibe plan aufzukleben. Dabei trocknet der Bromöldruck glatt auf und wird dann mit einer scharfen Klinge zwischen Klebeband und Bildrand ausgeschnitten.


Verwendete Literatur:


Frank Heidtmann, Kunstphotographische Edeldruckverfahren heute, Berlin 1978;

Luis Nadeau, Geschichte und Praxis des Öl- und Bromöldrucks, Stuttgart 1992;

Mebes, Der Bromöldruck, Berlin 1920 (ggfs. noch über ein Fachantiquariat erhältlich, sonst über Fernausleihe öffentlicher Büchereien einzusehen);

William Crawford, The Keepers of Light, New York 1979.